Brief 94 - Wie im Himmel

„Wie im Himmel“ - Das ist nicht nur der Titel des 2004 erschienenen, populären schwedischen Musikfilm-Dramas von Kay Pollak, es ist auch die Überschrift meiner achttägigen Pilgertour auf dem Münchner Jakobsweg, zu der wir am gestrigen Sonntag aufgebrochen sind.

Als ich vor zwei Jahren meinen ersten Flyer für diese Tour drucken ließ, war ich noch ganz erfüllt von den wunderschönen Eindrücken des Weges. So kam ich schnell auf diese Überschrift. Und bestimmt hatte ich damals auch noch „Gabriellas Song“ aus dem Film im Ohr. Er wird uns als unser Pilgerlied begleiten.

Auch wenn Du dieses Jahr nicht dabei sein kannst, möchte ich Dich einladen, Dich mit uns zusammen auf die Suche nach jener Erfahrung zu machen, die Du als „wie im Himmel“ bezeichnen würdest. Denn dazu braucht es den blau-weißen „Himmel der Bayern“ nicht - auch wenn wir ihn beim Wandern gerne über uns sehen. Das bestätigt auch der Philosoph und Publizist Josef Bordat, wenn er schreibt:

 

„Himmel“ ist kein Ort. „Himmel" ist ein Zustand.

 

Ein Zustand, den wir trotzdem gerne nach „oben“ verorten. Obschon der amerikanische Schriftsteller und Philosoph Henry David Thoreau (1817-1862) bereits feststellte:

 

Der Himmel ist genauso unter unseren Füßen wie über unserem Kopf.

 

Das passt doch schon mal zum Pilgern! Aber wo kommt der Begriff Himmel eigentlich her? Der Erzähler Wilhelm Raabe (1831-1910), einer der wichtigsten Vertreter des poetischen Realismus, erklärt, dass „Himmel“ in der deutschen Sprache vom alten Wort „Heime“, „Heimat“ abgeleitet wurde.

Das gefällt mir. Himmel ist dort, wo Deine Heimat ist, wo Du ursprünglich herkommst. Der Himmel ist die Quelle, aus der Du entspringst!

Diesen Ort zu finden treibt den Menschen an. Wir sind wohl alle - mehr oder weniger bewusst - auf dieser Suche. Mir kommt es sogar so vor, als sei unsere Zeit auf Erden dazu geschaffen, ein Bewusstsein für unsere wahre Heimat zu entwickeln. Die große Frage „Wo komme ich her, wo gehe ich hin?“ steht sinnbildlich dafür. Der Franziskaner Ulrich Zankanella verdeutlicht diesen Lebensweg mit dem Satz:

 

Es gibt keinen anderen Weg in den Himmel, als den über die Erde.

 

Lass uns also aufbrechen! Vielleicht ist der Weg gar nicht so lang… Nicht umsonst sagt man in der Mongolei:

 

Der Abstand zwischen Himmel und Erde ist nicht größer als ein Gedanke.