Brief 8 - Vertrauen auf die Verwandlung

Für zehn Personen aus dieser Gruppe stand morgen und übermorgen ein Termineintrag im Kalender: Unsere Pilgertour auf dem Jakobsweg Via Baltica von Reinfeld nach Nahe, mit Übernachtung im Kloster Nütschau.

 

Die Tour stand unter dem Thema (Ver)Wandeln. Bei der Erstellung des Programms hätte ich nicht gedacht, dass wir alle so schnell in das Thema reinkommen - ohne auch nur einen Fuß auf den Weg gesetzt zu haben!

 

Auch wenn Du nicht dabei gewesen wärst, haben Dir die Entwicklungen der vergangenen Tage immer wieder einen Strich durch Deine Pläne gemacht. Es war für uns alle mehr als ein geplatzter Termin im Kalender, der mit etwas Flexibilität schnell ausgeglichen werden kann. Es war und ist vielmehr so, dass unser ganzer Terminkalender quasi eine Vollbremsung hingelegt hat. Fasten Seat Belts! So etwas gibt es sonst wohl nur nach einem Unfall oder einer länger andauernden Krankheit. Dass es diesmal kollektiv ist, mag etwas tröstlich sein. Aber unabhängig davon kann Dein Gemütszustand irgendwo zwischen Frustration, Ärger, Wut, Traurigkeit, Furcht oder Angst hin und her pendeln. Welches Gefühl bei Dir überwiegt, dürfte wohl am meisten davon abhängen, welche früheren Erfahrungen oder gar Verletzungen wieder - oft ganz unbewusst - ins Bewusstsein geraten.

 

Ich möchte heute einen Blick auf die Angst werfen. Sie liegt den anderen Emotionen meist zugrunde. Deine Sicherheiten greifen plötzlich nicht mehr! Du fragst Dich, ob für Dich, Deinen Lieblingsitaliener oder den Besitzer des Kleintheaters gesorgt ist? Wie lange kann unser System, dass uns Sicherheit gab, die Krise ausgleichen? Was passiert, wenn die Kontaktsperre noch über Ostern hinaus anhält? Was, wenn jemand aus meinem Umfeld oder ich selbst am Virus erkranke? Was, wenn meine Altersvorsorge nach der Krise massiv an Wert verloren hat? Ist mein Job noch sicher? Kann ich meine Wohnung noch bezahlen?

 

Diese Aufzählung existenzieller Ängste und Sorgen ließe sich noch lange weiterführen. Vielleicht bist Du aber auch nur etwas in Sorge oder es ist Dir gelungen, Dich von Deinen Ängsten abzulenken.

 

Angst hat mit dem Gefühl von Machtlosigkeit zu tun. Und gerade in der jetzigen Situation fühlen wir uns den Entwicklungen oft machtlos ausgeliefert. Ein ganz übler Zustand!

 

Diesem Zustand kann ich nur ein Wort entgegensetzen: Vertrauen!

Wenn Deine Sicherheiten plötzlich wegbrechen, was im schlimmsten Szenario dazu führen könnte, dass das Gesundheitswesen kollabiert und Dein finanzielles Polster nur noch Makulatur ist, dann fühlst Du Dich natürlich erst mal ohnmächtig, ausgeliefert, machtlos. Du wirst zum Opfer.

 

Und dann Vertrauen???

 

Ja!!!

In meinem zweiten Brief hatte ich bereits geschrieben, dass alles als ein einziges System miteinander verbunden ist. Alles beeinflusst sich gegenseitig. Alles wird von derselben Energie angetrieben und belebt. 

Du kannst diese Energie so benennen, wie es für Dich passt: Das Universum, das Große Ganze, das Unendliche, das Immerwährende, das Kontinuum, Gott…

 

Vertrauen bedeutet, diese Tatsache in mein Leben zu integrieren. Das ist meist mit einem neuen Verständnis meiner Person verbunden. Da ist sie, die erwünschte Verwandlung, das Thema der Pilgertour und die Herausforderung in der Krise!

 

Verwandlung bedeutet, mich nicht als ohnmächtig und machtlos zu betrachten, sondern mich als eingebunden und getragen von etwas viel Größerem wahrzunehmen. Etwas, das meinen Verstand übersteigt. Etwas, das am ehesten in der Natur wahrzunehmen ist. Das ist der Grund, weshalb ich mich mit Pilgern auf den Weg mache. Das geht über den Glauben, den wir - mehr oder weniger hilfreich - mit auf den Weg bekommen haben, hinaus. Das ist die Befreiung von der Machtlosigkeit! Das ist die Veränderung, die ich meine!

 

Veränderung muss zuallererst bei Dir beginnen!

 

Ein Seemann, der ungeachtet der Windrichtung stets dieselben Segel setzt, erreicht den Hafen nie.

Wir sollten jederzeit bereit sein, unsere Ansichten zu ändern, Vorurteile aufzugeben und geistig aufgeschlossen und aufnahmefähig zu sein.

Henry George

 

Solange sich ein Mensch einbildet, etwas nicht tun zu können, solange ist es ihm unmöglich, es zu tun.

Baruch de Spinoza

 

Veränderung ist das Potential in dieser Krise!

 

Ich wünsche Dir den Mut und das Vertrauen für die Verwandlung und schließe für heute mit dem Bild eines besonderen Verwandlungskünstlers, der uns vor zwei Jahren auf dem Münchner Jakobsweg zwischen München und Lindau ein treuer Begleiter war.