Brief 284 - Das ist Heimat. Das ist Glück

Gerade zurückgekehrt vom Schweizer Jakobsweg, möchte ich Dich nicht nur mit ein paar Impressionen an unserer zweiten Pilgerwoche teilhaben lassen, sondern auch eine der befreiendsten Pilgererfahrungen mit Dir teilen.

Es ist das Gefühl, dass Du nichts anderes begehrst, als das, was Du gerade hast und was Du bist.

Dann bist Du angekommen. Das ist Heimat, das ist Glück. So auch im Schluss des Textes von Hermann Hesse:

 

…Wandersehnsucht reißt mir am Herzen, wenn ich Bäume höre, die abends im Wind rauschen. Hört man still und lange zu, so zeigt auch die Wandersehnsucht ihren Kern und Sinn. Sie ist nicht Fortlaufenwollen vor dem Leide, wie es schien.

Sie ist Sehnsucht nach Heimat, nach Gedächtnis der Mutter, nach neuen Gleichnissen des Lebens. Sie führt nach Hause. Jeder Weg führt nach Hause, jeder Schritt ist Geburt, jeder Schritt ist Tod, jedes Grab ist Mutter.

 

So rauscht der Baum am Abend, wenn wir Angst vor unsern eigenen Kindergedanken haben. Bäume haben lange Gedanken, langatmige und ruhige, wie sie ein längeres Leben haben als wir. Sie sind weiser als wir, solange wir nicht auf sie hören. Aber wenn wir gelernt haben, die Bäume anzuhören, dann gewinnt gerade die Kürze und Schnelligkeit und Kinderhast unserer Gedanken eine Freudigkeit ohnegleichen.

 

Wer gelernt hat, Bäumen zuzuhören, begehrt nicht mehr, ein Baum zu sein.

Er begehrt nichts zu sein, als was er ist.

Das ist Heimat. Das ist Glück.