Brief 28 - Die Gedanken sind frei

Auf Katers Einspielung des Liedes „Die Gedanken sind frei“ zum Abschluss des letzen Briefes erreichte mich die folgende Rückmeldung:

"Gedanken sind Kräfte, die in der Welt wirken, es ist also nicht egal, -"frei"- ,was und wie ich denke. Ich habe für meine Gedanken auch eine Verantwortung.“

 

Für mich eine Inspiration, um einen Blick ins Dharma zu wagen. Der Begriff kommt in verschiedenen Sprachen vor: Sanskrit धर्म dharma; Pali धम्म dhamma; thailändisch ธรรม; chinesisch 法.

Es ist ein zentraler Begriff vieler asiatischer Religionen (u. a. im Hinduismus, Buddhismus, Jainismus und Sikhismus), der religionsabhängig unterschiedliche Bedeutungen hat. Dharma beinhaltet Gesetz, Recht und Sitte sowie ethische und religiöse Verpflichtungen.

Das im Englischen mit Religion übersetzte Wort steht auch für Ethik und Moral.

Im Dharma steht geschrieben:

 

"Der Gedanke bringt das Wort hervor,

das Wort bringt die Tat hervor,

die Tat entwickelt sich zur Gewohnheit,

die Gewohnheit verhärtet sich zum Charakter,

der Charakter wird zu deinem Schicksal.

Deshalb beobachte den Gedanken und seine Wege mit Sorgfalt und lass ihn aus Liebe entspringen, geboren aus Respekt für das Lebewesen."

 

Ich trage also nicht nur für meine Gedanken und meine Worte, wie in der Rückmeldung bemerkt, sondern für mein Schicksal Verantwortung!

Und trotzdem bleiben die Gedanken frei! Es ist meine Entscheidungsfreiheit, wie ich die Welt sehe!

 

Diese Freiheit widerspiegelt sich ja aktuell gerade besonders in den so grundverschiedenen Meinungen zur Gefährlichkeit des Corona-Virus und den Diskussionen um die Lockerung der geltenden Schutzmaßnahmen. Da wird es schnell emotional.

Erst recht, wenn wir uns persönlich angegriffen fühlen. Dann sind bald ein Gedanke und ein Wort da, welche wir nicht nicht zu unserem Charakter verhärtet haben möchten. Damit das nicht passiert, gilt es - wie im letzen Satz aus dem Dharma vermerkt - die eigenen Gedanken zu beobachten.

Aber was, wenn ich dann merke, dass mein Gedanke nicht aus Liebe entsprungen oder aus Respekt für das Lebewesen geboren sein sollte?

Dann darfst Du Dich erinnern, dass wir keine Heiligen sind, sondern Menschen. Und dass Deine Lebenszeit eine Entwicklungszeit ist. Und dafür trägst Du eine besondere Verantwortung!

 

Aus dem, was mir angetan wurde, kann ein böser Gedanke entstehen. Aber er sollte nicht zu meinem Charakter und damit zu meinem Schicksal werden!

Damit das nicht passiert, gibt es etwas, was jetzt vielleicht vom Begriff her etwas sperrig oder religiös geprägt rüberkommt. Aber es ist nach meinem Dafürhalten ein Schlüssel, um den im Dharma beschriebenen Kreislauf zu durchbrechen: Die Vergebung!

Sowohl für Dich als auch für Dein Gegenüber!

 

Und dann kannst Du wieder befreit singen - ganz für Dich allein - ganz Corona-gerecht - und selbst verantwortlich:

 

1. Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten,
sie fliegen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.

2. Ich denke, was ich will,
und was mich beglücket,
doch alles in der Still,
und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
kann niemand verwehren,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.

3. Ich liebe den Wein,
mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein
am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine
bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei:
die Gedanken sind frei.

4. Und sperrt man mich ein
im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke;
denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
die Gedanken sind frei.

5. Drum will ich auf immer
den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer
mit Grillen* mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
stets lachen und scherzen
und denken dabei:
die Gedanken sind frei.

 

* mit „Grillen“ ist nicht der Kampf gegen verkohlte Veggie- oder Bio-Grillwürstchen gemeint, es ist vielmehr eine alte Bezeichnung für „trübe Gedanken“.