Die beiden letzten Briefe haben sich mit der Dualität unserer Welt und der daraus folgenden Tatsache, dass alles auch ein Gegenteil beinhaltet, beschäftigt. Wie im letzten Brief angekündigt, möchte ich heute abschließend zu diesem Thema beleuchten, was das für Dein Leben bedeuten kann.
In der Philosophie wird das Verhältnis sich gegenseitig bedingender Größen als Polarität bezeichnet. Dabei geht es nicht um einen unvereinbaren Gegensatz, sondern um ein komplementäres Verhältnis.
Nach Wikipedia besteht eine Polarität aus einem Gegensatzpaar und der Beziehung zwischen den Polen: hell – dunkel, kalt – heiß, schwarz – weiß, Mann – Frau, Liebe – Hass, arm – reich, krank – gesund usw., wobei einem einzelnen Pol nie eine Wertung (etwa gut oder schlecht) zukommt. Die Pole sind die zwei gegenüberliegenden Enden derselben Sache, untrennbar zu einer Einheit verbunden und bedingen einander. Tag lässt sich nur im Kontrast zur Nacht definieren, Heiß nur, wenn es auch Kalt gibt, keine Armut ohne Reichtum usw.
Vereint man die beiden entgegengesetzten Pole, findet man die Einheit, welche die eine zur anderen Polarität darstellt. In der chinesischen Philosophie ist die Polarität ein zentraler Begriff. Insbesondere im Daoismus wird eine Einheit von polaren Gegensätzen (Yin und Yang) betont.
Ich bin mir sicher, dass dahinter ein tiefer Sinn steckt. Sind es nicht genau die Gegensätzlichkeiten, welche unsere Erfahrungen und Entwicklungen erst ermöglichen? Ist das vielleicht geradezu der Sinn dieser - unserer - Welt?
Dazu und zum Start in die neue Woche zwei Impulse für Deine Lebenssituation, wie auch immer sich diese gerade darstellen mag:
Der erste stammt vom schweizer Lebenskünstler Alfred Selacher (geboren 1945):
Ohne Trauer - keine Freude
Ohne Sorgen - keine Lösungen
Ohne Angst - kein Mut
Ohne Dummheit - kein Übermut
Der zweite Impuls trägt den Titel „Ansichten“ und stammt von der deutschen Lyrikerin Else Pannek (1932-2010):
Ende - Anfang
Krise - Chance
Asche - Phönix
Die Erfahrung einer unerwünschten Seite der Polarität beinhaltet das Entwicklungspotential zur anderen hin. Dafür ist Dir Deine Lebenszeit geschenkt. Nutze sie nach Kräften und lass Dich dabei unterstützen. Dafür sind Dir Mitmenschen geschenkt!