Als Erich Fried 1938 vor den Nationalsozialisten aus seiner österreichischen Heimat flieht, ist er 17 Jahre alt. Mit seinen ab 1944 veröffentlichen Versen möchte er erreichen, dass aus der Vergangenheit Lehren gezogen werden.
Trotz der erlebten Gräueltaten an seiner jüdischen Familie ist er ein Menschenfreund geblieben. Er sucht den Dialog mit Andersdenkenden, möchte verstehen und zwischen Menschen und ihren Taten unterscheiden.
In seinem berühmtesten Gedicht „Was es ist“ - es erscheint 1983 - widmet er sich der Liebe und formuliert einen Dialog zwischen ihr und ihren möglichen Widersachern: Vernunft, Berechnung, Angst, Einsicht, Stolz, Vorsicht und Erfahrung. Sie stellen die Liebe in Frage, aber diese lässt sich davon in keinster Weise verunsichern.
Der so entstehende Dialog lässt sich als klassische Auseinandersetzung zwischen Kopf und Herz lesen, als verbaler Ballwechsel zwischen Warnungen vor der Liebe und Vertrauen in sie.
Der Dichter offenbart so die Größe der Liebe, die über den Dingen und für sich steht und die keiner weiteren Erläuterung bedarf.
Sie ist, was sie ist.
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Mit diesen Worten möchte ich mich für anderthalb Wochen mit einer Pilgergruppe auf den Schweizer Jakobsweg verabschieden. Während dieser Zeit gibt es ein paar Impressionen sowie eine Pilgerweisheit als wöchentlichen Wegbegleiter.