Brief 206 - Du, allmächtig!

Die Allmacht Christi ist allein die Güte, die er all denen zuwendet, die sie brauchen.

Mir persönlich ist diese Botschaft aus dem letzten Brief nichts, was den Mann aus Nazareth oder seine Entsprechungen aus anderen Kulturkreisen in irgendeiner Weise unbedeutender machen würde. Ganz im Gegenteil.

Ich beginne zu verstehen, dass seine Anrede „meine Brüder und Schwestern“ ein Ansprechen auf Augenhöhe war. Und ich begreife sein Leben als Anleitung, wie wir für ein menschenwürdiges Leben miteinander umzugehen haben.

 

Die Botschaft ist klar und deutlich: Zieht aus und zeigt den Menschen, dass Gott da ist! Heilt ihre Kranken, ihre Angst und die Verwirrtheit, die bis tief in ihre Seelen reicht.

 

Bedeutet das, dass Du - wie ich es vor einer Woche formuliert habe - den Gelähmten wieder auf die Beine stellen kannst?

Selbst das ist möglich! Und es ist überhaupt nicht vermessen:

Bereits um 1895 brachte man in Wien eine gelähmte Frau zu Sigmund Freud. Er wies nach, dass sie sich unter Hypnose bewegen konnte und folgerte daraus, dass es sich um eine Gelähmtheit handelt, die in der Seele liegt.

Mit Hilfe der durch ihn entwickelten Psychoanalyse fand er Schuldgefühle als Ursache. Die Frau hatte sich in einen jungen Man verliebt, erlaubte sich aber nicht, ihren Gefühlen zu folgen, weil ihr Vater sterbenskrank war. Ihr Körper wurde wie von zwei Seilen, die sich in gegenläufige Richtung bewegen, immer mehr zusammengeschnürt - bis zur Bewegungslosigkeit.

Heutzutage ist es die Psychosomatik, die sich mit den Zusammenhängen zwischen Psyche (Seele) und Soma (Körper) befasst.

 

Wir werden nicht jeden Gelähmten auf die Beine stellen. Aber wenn wir einem Menschen die Zuwendung geben, die er braucht, kann diese Güte tatsächlich - wie im Eingangssatz ausgedrückt - alles möglich machen.

Immer dann, wenn Du und Dein Gegenüber der Güte vertrauen und die Liebe an die Stelle der Schuld setzen.