Brief 185 - Auf der Suche nach dem Himmel

Gleich zweimal führten meine Pilgertouren diese Woche ins Himmelmoor nordwestlich von Hamburg, einem Landschaftsschutzgebiet, in dem bis vor fünf Jahren noch Torf abgebaut wurde.

Wenn wir die Geschichte dieses Torfabbaus ein wenig beleuchten, stoßen wir bald auf ein dunkles Kapitel: Jüdische, russische und französische Kriegsgefangene mussten hier während der beiden Kriege unter Zwang Torf stechen. Bereits davor und auch danach - bis in die 80er-Jahre - waren es Strafgefangene, die diese schwere Arbeit zu verrichten hatten.

Heute schaukelt hier das Wollgras sanft im Wind, dazwischen fliegen zarte Libellen und der fleischfressende Sonnentau wartet geduldig auf Insekten. Was für ein Kontrast!

 

Ein Kontrastprogramm bot auch das Wetter: Während bei der ersten Tour stahlblauer Himmel und Schönwetterwölkchen für Wanderlaune sorgten, setzte der Regen beim zweiten Durchgang die Stimmung in der Gruppe auf die Probe.

Gegensätzlichkeit zeigt sich im Himmelmoor aber auch in der Landschaft: Karge Flächen wechseln sich mit in grellbunten Farben strahlender Vegetation ab und schmale Trampelpfade durchs hohe Gras mit bequemen Bohlenwegen.

Last but not least kam das persönliche Kontrastprogramm der Teilnehmer hinzu: Darin traf beispielsweise die gefühlte Ohnmacht angesichts der morgendlichen Nachrichten auf die friedliche Stille des Himmelmoors und das Bangen um ein Jobangebot auf die sichere Erdung im Hier und Jetzt.

 

Wo bitte soll in dieser Welt voller polarer Gegensätzlichkeiten der Himmel zu finden sein - der Ort, an dem wir unseren Frieden finden?

 

So himmlisch schön Dir Deine Umgebung auch erscheinen mag, wie glücklich oder betrübt Du gerade bist: Dein Himmel ist niemals von Äußerlichkeiten abhängig! Ob himmelhoch jauchzend oder zu Tode getrübt: Der Ort, auf den der abstrakte Begriff des Himmels zutrifft, befindet sich jenseits Deiner Lebensumstände.

 

Der Erzähler und Dramatiker Otto Ludwig (1813-1865) schrieb:

 

Wer den Himmel nicht in sich selbst trägt, sucht ihn vergebens im ganzen Weltall.

 

Den Himmel kannst Du nur hier und jetzt in Dir finden! Es ist der Ort, an dem die Schöpferkraft auf Dich wartet.

 

Vom tschechischen Schriftsteller und Aphoristiker Pavel Kosorin (geboren 1964) stammt das Zitat:

 

Möchtest Du mit Gott sein im Himmel? Dann sei mit ihm auf Erden!

 

Vielleicht siehst Du den Himmel über dem Himmelmoor dann nochmals mit anderen Augen.