Brief 158 - Damit sich alle Nacht verwandelt

An Heiligabend wird ausgepackt. Ich gestehe: Das, was ich in der Adventszeit mit Dir geteilt und im letzen Brief zusammengefasst habe, war für mich selbst ganz schön bewegend. Es war, als ob der Pilgerweg, den wir zusammen gehen, über eine entscheidende Wegstrecke geführt hätte.

Als Schweizer kommt mir dazu das Bild einer Passstraße in den Sinn. Wenn Du einen solchen Weg gehst, dann tust Du das, um auf die andere Seite einer Bergkette zu gelangen, an einen Ort, an dem sich Dir etwas neues, ein bislang unbekanntes Bild auftut. Eine neue Sicht - vielleicht in ein fruchtbares Tal. Oder Du stehst plötzlich im Sonnenschein auf der Südseite des Berges.

Ich gestehe hiermit auch, dass mir Ende November der Ausgang dieser Reise noch unklar war. Für einen Pilgerbegleiter eigentlich ein absolutes No-Go…

Nun fühlt es sich für mich so an, als ob ich tatsächlich bei unserer wahren Bestimmung angekommen wäre - kurz bevor es dunkel wurde.

Wie gut, dass auf jedem „richtigen“ Passübergang eine Herberge für Durchreisende steht. Und wie gut, dass ihre Tür diesmal für alle offen steht. Auch für Dich, in der niemals endenden Hoffnung, dass Du mir folgst. Damit die Heilige Nacht heller und heiler wird. Damit sich alle Nacht verwandelt.

 

Denn wir sind angekommen.

 

Wenn Du versuchst, so zu leben,

wie Gott Dich gemeint hat,

wenn Du Dein ursprüngliches Bild

in dieser Welt sichtbar werden lässt,

dann trägst Du dazu bei,

dass diese Welt heller und heiler wird.

Dort, wo Du lebst, leuchtet dann

mitten in der Nacht ein Stern,

auch wenn er noch so klein ist.

Aber dieser eine Stern

verwandelt die Nacht.

Anselm Grün