Brief 140 - Mut zur Freiheit

Mut, Freiheit und Licht. Das waren die drei Qualitäten, die Hafis in Brief 138 als Ausdruck der göttlichen Schöpferkraft in uns betrachtet. Letzte Woche ging es um den Mut.

Ich kann durchaus verstehen, wenn Dir dieses Thema - angesichts der aktuellen Weltlage oder Deiner persönlichen Umstände - eher als Zu-mutung denn als Er-mutigung vorgekommen sein sollte.

 

Und nun auch noch Freiheit… Der athenische Politiker Perikles (um 490-429 v.Chr.) sah zumindest einen Zusammenhang zwischen Freiheit und Mut:

 

Zum Glück brauchst Du Freiheit, zur Freiheit brauchst Du Mut.

 

Wir alle könnten wohl etwas mehr Mut zur Freiheit gebrauchen. Aber zu welcher Freiheit?

Zum einen gibt es ja die Freiheit von etwas. Dazu zähle ich das Loslassen vom Ballast, den wir durchs Leben schleppen - von dem, was wir nicht mehr brauchen oder wollen. Seien es Dinge, Beziehungen, Muster oder Zwänge.

Ein Schritt, der oft schwerfällt oder zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlicht nicht möglich ist.

Aber neben der Freiheit von etwas gibt es ja noch die Freiheit zu etwas. Ich glaube, das ist die Freiheit, die Hafis meint. Sie wird auch als die echte Freiheit bezeichnet.

 

Es ist die Freiheit der Einstellung zu den Dingen. Und ja: Auch der Einstellung zu den Dingen, Beziehungen, Mustern oder Zwängen, die ich gerade nicht ablegen kann.

Und es ist die Freiheit der Einstellung zu dem, was tagtäglich durch die Umwelt und die Medien auf uns einprasselt.

 

Der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl (1905-1997), der erstmals das existenzielle Streben des Menschen nach Sinn im Leben als primäre Motivationskraft betrachtete und dessen bekanntestes Werk das 1946 erschienene „…trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“  ist (darin schildert er seine Inhaftierung in vier verschiedenen Konzentrationslagern, darunter Auschwitz), hat festgestellt:

 

Die letzte der menschlichen Freiheiten besteht in der Wahl der Einstellung zu den Dingen.

 

Das ist die Freiheit, zu der ich Dir den Mut wünsche.